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All of them Witches

In Polanskis Kult-Klassiker Rosemarys Baby fällt der schwangeren Protagonistin das Buch „All of them Witches“ in die Hände – ein fiktives Werk, das nur im Rosemary-Universum existiert. Schade eigentlich. Als ich mir aber vor kurzem Häxan, einem wahrlich stilprägenden Stück Filmgeschichte aus dem Jahr 1922 angesehen habe, schloss sich für mich der innere Hexenzirkel: So oder so ähnlich muss sich Polanski den Inhalt dieser satanischen Lektüre vorgestellt haben.

Dokumentarisch und mit Spielfilm-Anleihen verführt der dänische Regisseur Benjamin Christensen in die Welt der Hexen – in die mittelalterliche Zeit der Hysterie, in der jegliche Abweichung von der Norm auf dem Scheiterhaufen endete. Vor allem Frauen haben sehr unter der klerikalen Willkür leiden müssen: Ob jung und schön oder alt und hässlich – für die Inquisition allesamt gefundene Sündenböcke für Phänomene, die sie sich nicht erklären konnten oder wollten.

Noch heute verleiben sich Filmemacher wie Robert Eggers oder Luca Gaudagnino ein paar Kellen dieser stilistisch bahnbrechenden Mixtur ein, wenn es um die Darstellung okkulter Rituale, Hexensabbate und gekrümmter Gestalten im Mondlicht geht. Dass Christensen schon damals auf Ironie in der Erzählart und Genre-Kreuzungen setzt, ist erstaunlich – beides Faktoren, die Häxan mit Sicherheit von Rosemarys antichristlichem Buch mit todernstem Inhalt unterscheidet.

Seine zeitlose, expressionistisch vollendete Ästhetik rahmt einen kritisch aufbereiten Inhalt, der mit noch für heutige Verhältnisse erfrischenden Stilmitteln in Szene gesetzt wurde, wunderbar ein.

Doch genau deshalb lässt sich der Film, der nächstes Jahr sein 100-Jähriges feiert, noch heute so gut verdauen: Denn seine zeitlose, expressionistisch vollendete Ästhetik rahmt einen kritisch aufbereiteten Inhalt, der mit modernen Stilmitteln in Szene wunderbar gesetzt wurde.